Dankbarkeit im Alltag

Dankbarkeit kommt auch dann, wenn man sie nicht erwartet

PSYCHOLOGISCHER BERATER BLOG

1/11/20252 min read

Dankbarkeit
Manchmal taucht sie auf, wenn man sie lässt. So geschehen vor einigen Wochen auf dem Weg zum Hauptbahnhof um 6:30 Uhr – mit dem Koffer in der Hand. Auf mich wartete eine sechs Stunden lange Fahrt mit dem ICE nach Berlin. Vielleicht lag es daran, dass ich das erste Mal jemanden im Hospiz besuchte, obwohl ich daran eigentlich nicht gedacht hatte.

Plötzlich flutete mich ein unbändiges Gefühl der Dankbarkeit: dafür, dass ich Ich sein durfte, dass ich reisen und erleben konnte. Ich war auf einmal sehr dankbar dafür, dass mir mein neues Buch Leichter Leben – Der Weg zur Freiheit durch achtsames Loslassen so gut gelungen war. Bei meinen anderen Büchern hatte ich noch gedacht: „Jo, hast halt ein Buch geschrieben.“ Statt es zu feiern, anzuerkennen und dankbar zu sein, habe ich es einfach beiseite gewischt.

Das Gefühl, mitten zwischen anderen Menschen zu stehen, die alle gerade versuchen, ihren richtigen Zug zu erwischen, war auch für mich neu. Bisher saß ich auf der Couch, habe über mich und mein Leben nachgedacht und versucht, so ein Gefühl heraufzubeschwören. Doch jetzt – mit dem ratternden Koffer hinter mir – war es anders.

Im Zug angekommen, verschwand dieses Gefühl viele Stunden lang nicht. Ich schaute aus dem fahrenden Zug und sah Menschen, die morgens zur Arbeit fuhren, um das System am Laufen zu halten. Und wieder überkam mich die Dankbarkeit: dafür, dass es Menschen gibt, die ihre Aufgaben erledigen, weil sie sie für richtig und wertvoll halten, und uns allen so ein Leben im Wohlstand ermöglichen.

Und dann wurde mir etwas klar: Ich hatte meine Leidenschaft gefunden – das Schreiben. Ich war nun auch einer dieser Menschen, die morgens unterwegs waren, wenngleich der Anlass ein anderer war. Doch ich wusste, dass ich in einer ruhigen Minute mein Buch überarbeiten und diesen Blogartikel schreiben würde – und damit ganz sicher das Leben von jemandem verändern könnte. Vielleicht würde ich auch bei diesem Menschen eine Form von Dankbarkeit auslösen.

Ich spürte, wie ich immer mehr ich selbst wurde. Irgendwie hatte ich mich mit dem Schreiben meines eigenen Buches selbst therapiert und ein neues Ich geschaffen. Das alles ist noch frisch. Selbst jetzt, während ich diese Zeilen schreibe, passiert noch ganz viel in mir. Aber ich wollte diesen Moment festhalten – und mit dir teilen.